Infokampagne 2024
Asylverfahren schnell und menschlich?
… schön wär’s!
Asylverfahren sind rechtliche Prozesse, die es Personen ermöglichen sollen, internationalen Schutz in einem Land zu erhalten, wenn sie ihr Herkunftsland durch diverse Gründe wie Verfolgung oder ernsthaften Schaden aufgrund menschenrechtswidriger Behandlung, verlassen müssen.
Diese Verfahren sind zentraler Bestandteil des internationalen Flüchtlingsrechts und basieren auf verschiedenen rechtlichen Grundlagen. Grundlagen der Asylverfahren sind zum einen völkerrechtliche Verpflichtungen. Eines der wichtigsten Dokument ist hier die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, die den Status von Flüchtenden definiert und den Mitgliedstaaten untersagt, Flüchtende in Länder zurückzuführen, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit bedroht ist (Non-Refoulement-Prinzip). Auch andere internationale Menschenrechtsabkommen, wie der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR), bilden eine wichtige Grundlage.
Zum anderen spielen nationale Gesetze eine wichtige Rolle, denn jedes Land hat eigene Gesetze und Verfahren zur Bearbeitung von Asylanträgen. Diese Gesetze müssen im Einklang mit internationalen Verpflichtungen stehen. In Deutschland beispielsweise regelt das Asylgesetz die Verfahren für Asylanträge.
Im Frühjahr 2024 wurde das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) verabschiedet. Ein Gesetzespaket der Europäischen Union, das darauf abzielen soll, ein einheitliches Verfahren für die Bearbeitung von Asylanträgen in den Mitgliedstaaten zu schaffen.
Das GEAS basiert auf primärrechtlichen Grundlagen, die in den Verträgen der EU festgelegt sind, sowie auf sekundärrechtlichen Grundlagen wie Verordnungen und Richtlinien, die spezifische Regelungen für Asylverfahren enthalten. Zu den wichtigsten Dokumenten gehören die Qualifikationsrichtlinie, die Mindeststandards für die Anerkennung von Schutzbedürftigen festlegt; die Asylverfahrensrichtlinie, die Standards für das Verfahren selbst definiert, sowie die Dublin-Verordnung, die regelt, welcher Mitgliedstaat für einen Asylantrag zuständig ist.
Die Neuerungen im GEAS wollen offiziell effizientere und schneller Asylverfahren innerhalb der EU schaffen, was unserer Befürchtung nach in der Praxis noch mehr Abschottung bedeuten wird. Eine politische Einigung wurde erzielt, um neue Regelungen einzuführen, darunter eine Screening-Verordnung für irreguläre Einreisen und eine Krisenverordnung für sogenannte außergewöhnliche Situationen, welche die Staaten selbst ausrufen können und damit sämtliche Regelungen aushebeln können.
Konkret geplant sind außerdem beschleunigte Grenzverfahren, bei denen Schutzsuchende zunächst als nicht eingereist gelten, obwohl sie bereits europäischen Boden betreten haben. Diese Fiktion der Nichteinreise schließt sie de facto von einer angemessenen Prüfung ihrer Anträge aus. Zudem sollen vor allem Schutzsuchende, die aus Ländern mit geringer Anerkennungsquote kommen, in grenznahen Einrichtungen untergebracht werden, was oft haftähnliche Bedingungen schafft. Wir und andere NGOs und Aktivist:innen fordern eine stärkere Ausrichtung der Verordnung auf den Schutz der Menschenrechte und die Wahrung der Würde aller Asylsuchenden.
Ein systematischer Freiheitsentzug nur aufgrund eines Asylantrags verstößt gegen sämtliche Rechte inklusive der Genfer Flüchtlingskonvention. Zudem zeigen Erfahrungen mit Aufnahmelagern an den Außengrenzen, dass eine menschenwürdige Unterbringung und der Zugang zu rechtlicher und medizinischer Beratung und Versorgung unter diesen Bedingungen oft nicht sichergestellt sind.
Daher stoßen die geplanten Reformen auf erhebliche Kritik von Menschenrechtsorganisationen und NGOs. Viele befürchten, dass sie zu einer weiteren Verschlechterung des Flüchtlingsschutzes führen werden. [1]
Auch wir von Medical Volunteers International e.V. haben dazu bereits Stellung bezogen, da diese Entwicklung die ohnehin bereits bestehenden Missstände an den EU-Außengrenzen extrem verschärfen wird. Die Politik der Abschottung an den Außengrenzen führt nicht nur zu humanitären Krisen und Todesfällen unter Flüchtenden, sondern gefährdet auch grundlegende Menschenrechte von schutzbedürftigen Gruppen wie beispielsweise Kindern.
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Quellen:
[1] PRO ASYL. (2023, 9. Juni). Fatale GEAS-Einigung: Rechtsruck in Europa manifestiert sich im Abbau der Menschenrechte beim Flüchtlingsschutz. [online] https://www.proasyl.de/pressemitteilung/fatale-geas-einigung-rechtsruck-in-europa-manifestiert-sich-im-abbau-der-menschenrechte-beim-fluechtlingsschutz/ [abgerufen am 7.10.2024].
Weitere Quellen:
Bundeszentrale für politische Bildung. „Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems.“ [online] https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/522800/reform-des-gemeinsamen-europaeischen-asylsystems/ [abgerufen am 10.10.24].
Bundesministerium des Innern und für Heimat. „Das Asylsystem in Deutschland.“ [online] https://www.bmi.bund.de/DE/themen/migration/asyl-fluechtlingsschutz/asylsystem-geas.html [abgerufen am 10.10.24].
Mediendienst Integration. „Fragen und Antworten zur EU-Asyl-Reform.“ [online] https://mediendienst-integration.de/artikel/fragen-und-antworten-zur-eu-asyl-reform.html [abgerufen am 10.10.24].