Infokampagne 2025
Fast 10 % der Weltbevölkerung lebt mit Diabetes – eine chronische Erkrankung, die die Fähigkeit des Körpers, Zucker richtig zu verarbeiten, einschränkt. Für Menschen mit Diabetes ist Insulin lebenswichtig. Ohne dieses Medikament kann die Krankheit innerhalb weniger Stunden lebensbedrohlich werden.
In Bosnien, einem Land, das als „Transitzone“ für Migrant:innen und Geflüchtete dient, erleben wir immer wieder tragische Schicksale: Menschen, die auf ihrer Flucht vor Krieg und Verfolgung in die EU gekommen sind, berichten, dass ihnen an der Grenze zu Kroatien von der Polizei ihr Insulin abgenommen wurde. Danach werden sie oft ohne medizinische Versorgung und oft ohne die Möglichkeit, Asyl zu beantragen, mitten im Wald ausgesetzt und zurück nach Bosnien abgeschoben. Der Körper ist übersättigt mit Zucker, kann ihn aber nicht verarbeiten – ein gefährlicher Zustand, der sofortige medizinische Intervention erfordert.
Diese Praxis ist Teil einer widerwärtigen europäischen Politik, die auf Abschottung und Grenzkontrollen setzt. Migrant:innen und Geflüchtete werden als „Problem“ betrachtet, statt als Menschen, die ein Recht auf Sicherheit und medizinische Versorgung haben. Die EU verstärkt ihre Grenzpolitik immer weiter, mit gravierenden Konsequenzen für die Gesundheit und das Leben von Menschen wie denen, denen wir in Bosnien begegnen. Diese Politik wurde in zahlreichen Berichten von uns und anderen Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Ärzte ohne Grenzen angeprangert.
BULGARIEN – HARMANLI
Familien und Einzelpersonen ohne Perspektive
Neun Jahre lebte eine Familie in Deutschland. Ihr Kind wurde hier geboren und überlebte eine komplizierte Geburt. Doch die Freude währte nicht lange: Das Kind ist chronisch krank und braucht regelmäßige, spezialisierte medizinische Betreuung. Stattdessen wird die Familie nach Bulgarien abgeschoben – in ein abgelegenes Camp ohne Zugang zu Fachärzt:innen. Die medizinische Versorgung dort ist minimal und die Unsicherheit, was mit dem Kind geschehen wird, lässt die Familie verzweifeln.
Bulgarien hat in den letzten Jahren mehrfach die EU-Richtlinien zur Aufnahme und Betreuung von Geflüchteten verletzt. Anstatt Schutz zu gewähren, finden viele Menschen keine adäquate Gesundheitsversorgung und sind auf eigene Hilfe angewiesen. Der politische Stillstand im Land hat die Situation für viele Geflüchtete dramatisch verschärft. Diese Menschen werden als „zweite Klasse“ behandelt und bleiben in einem Zustand der Unsicherheit und Verzweiflung gefangen. Das verstößt gegen grundlegende Menschenrechte, wie sie in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgelegt sind.
BULGARIEN – VARNA
Medikamente oder Brot
Viele ältere Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind, haben in Bulgarien eine vorübergehende Unterkunft gefunden. Doch statt Sicherheit finden sie Isolation und das tägliche Überleben wird zur Herausforderung. Chronische Krankheiten wie Parkinson oder Herzprobleme gehören zu den häufigsten Erkrankungen, die viele dieser Menschen mitbringen. Doch der Zugang zu dringend benötigten Medikamenten und ärztlicher Versorgung ist begrenzt. Medikamente kosten mehr als die monatliche Rente, und ein Arztbesuch erfordert oft stundenlange Busfahrten. In einer Situation, in der jede Entscheidung zwischen „Medikamenten oder Nahrung“ fällt, ist die gesundheitliche Versorgung der Geflüchteten kaum gewährleistet.
Obwohl die EU Grundsätze zur Gesundheitsversorgung von Geflüchteten festgelegt hat, wird der Zugang in vielen Ländern nicht gewährleistet. In Bulgarien sind Geflüchtete aus der Ukraine und anderen Krisengebieten in einem kafkaesken System gefangen, das sie nicht ausreichend schützt. Die fehlende Integration und Unterstützung führen zu unnötigem Leid. Diese Missstände sind nicht nur ein Problem auf nationaler Ebene, sondern auch ein Versagen der europäischen Solidarität.
GRIECHENLAND – ATHEN & KOS
Versorgungslücken und medizinische Notfälle
Viele unserer Patient:innen in Griechenland leiden nicht nur unter den physischen, sondern auch unter den psychischen Folgen ihrer Flucht. A., ein Patient aus Gaza, wurde aufgrund seiner Schizophrenie aus Deutschland nach Griechenland abgeschoben – ohne Zugang zu seinen lebensnotwendigen Medikamenten. Ohne Versicherung blieb ihm nur der Weg in die Notaufnahme, wo ihm nur halbherzig geholfen wurde. Auch andere, wie das Mädchen mit Tracheostoma, erfahren das gleiche Schicksal: medizinische Notfälle, die in den Lagern nicht ausreichend behandelt werden.
Griechenland fungiert als einer der Hauptankunftspunkt für Flüchtende, die über die Mittelmeerroute nach Europa kommen. Doch die medizinische Versorgung ist im Land massiv unterfinanziert und überlastet. Das Asylsystem ist überfordert, und die EU tut zu wenig, um den betroffenen Ländern echte Unterstützung zu leisten. Dies führt zu jahrelangem Leid und ist eine direkte Folge der europäischen Flüchtlingspolitik, die den Fokus auf Grenzsicherung und nicht auf den Schutz von Menschenleben legt.
HYGIENE & GESUNDHEIT
Wenn Krätze zur Qual wird
Zugang zu Sanitäranlagen wie Duschen und Waschmaschinen sind in vielen Camps der europäischen Außengrenzen ein Luxus. Besonders in den überfüllten Lagern an den Grenzen Bosniens, Bulgarines und Griechenlands ist der Zugang zu sauberem Wasser und hygienischen Einrichtungen begrenzt. Dies führt zu einem dramatischen Anstieg von vermeidbaren Krankheiten wie Krätze. Eine einfache Hautinfektion, die bei ausreichender Hygiene schnell geheilt werden könnte, breitet sich unter den erschwerten Bedingungen in den Camps rasant aus. Ohne Zugang zu Wasser und Hygieneartikeln wird Krätze zu einer ständigen, qualvollen Begleiterin.
Diese katastrophalen Zustände sind das direkte Resultat einer EU-Migrationspolitik, die auf Abschottung und Kontrolle setzt, statt auf Unterstützung und Solidarität. Lager wie das in Vienna Rampa in Bulgarien oder das CCAC auf Kos zeigen, wie europäische Länder wie Griechenland mit Geflüchteten umgehen: Mit einer Politik des Ausgrenzens und der Verleugnung ihrer grundlegenden Rechte. Gesundheit wird systematisch unterminiert, während die EU immer wieder versagt, die Verantwortung für die sichere und menschenwürdige Aufnahme von Migrant:innen zu übernehmen.
WECARE – PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Ein Kampf um Hoffnung
Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) betreffen viele Menschen auf der Flucht. Sie entstehen durch die grausamen Erlebnisse im Herkunftsland, auf der Flucht selbst oder in den Aufnahmeländern, in denen viele Menschen in einem ständigen Zustand von Ablehnung und Entmenschlichung leben. Besonders in den europäischen Staaten, die an den Außengrenzen liegen, finden viele Geflüchtete keinen Zugang zu psychotherapeutischer Betreuung. Anstatt Hilfe und Hoffnung zu erhalten, erleben sie das Gegenteil: Ausgrenzung, Gewalt und ein Mangel an Rückhalt.
Rund 85% der über 3 Millionen in Deutschland lebenden Geflüchteten haben traumatische Erlebnisse gemacht, ca. 30% leiden unter depressiven Erkrankungen oder PTBS. Obwohl es in Deutschland zahlreiche Anlaufstellen für psychosoziale Beratungen gibt, sind diese häufig mit langen Wartezeiten und zusätzlich für Menschen mit Flucht,- und Migrationshintergrund mit hohen Hürden und Sprachbarrierren verbunden.
Solidarität endet nicht an Grenzen.
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